Betreff
Mitgliedschaft des Saale-Orla-Kreises im Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA)
Vorlage
KT/124/2019
Art
Beschlussvorlage Kreistag

Sachverhalt:

 

E-Government dient dem Ziel, die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung mittels moderner IT-Techniken und elektronischer Medien zu erleichtern und Bund, Ländern und Kommunen zu ermöglichen, einfachere und nutzerfreundlichere elektronische Verwaltungsdienste anzubieten. Dabei soll E-Government die Effizienz, Effektivität und Transparenz von Abläufen steigern, indem Dokumente nicht mehr wie bisher manuell bearbeitet werden, sondern nunmehr digital erfasst und in einen elektronischen Workflow übergeben werden. Es schafft somit die Voraussetzungen für zeit- und ortsunabhängige Verwaltungsdienste und somit die Basis für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetz (OZG), welches alle Verwaltungen auffordert, bis zum 31.12.2022 ihre Leistungen dem Bürger auch online anzubieten.

 

Mit dem Thüringer E-Government-Gesetz vom 10.05.2018 erfolgte für Thüringen nunmehr eine verbindliche Konkretisierung hinsichtlich der durch die Behörden zu realisierenden digitalen Verwaltungsleistungen sowie der dafür einschlägigen Terminstellungen. Elementarster Bestandteil und damit Grundvoraussetzung für die Realisierung von E-Government-Leistungen - wie beispielsweise die Annahmepflicht für elektronische Rechnung spätestens zum 27.11.2019 - ist die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS). Die Beschaffung und Implementierung eines DMS im Landratsamt Saale-Orla-Kreis nimmt somit eine überdurchschnittliche zentrale Bedeutung für das gesamte E-Government-Segment ein. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ist diese Beschaffung als äußerst zeitkritisch zu betrachten.

 

Bereits seit dem Jahr 2004 nutzt der Freistaat Thüringen das Dokumentenmanagementsystem „VIS-Suite“ der Fa. PDV aus Erfurt. Im Rahmen der damaligen Landesausschreibung zum DMS wurde eine thüringenweite kommunale Nachnutzung strategisch durch Integration einer „Öffnungsklausel“ im Vertrag vorbereitet. D.h. bereits im Rahmen der Beschaffung hat der Freistaat 2004 dieses Großprojekt darauf ausgerichtet, eine breite Nutzung bis in die kommunale Ebene zu gewährleisten und damit eine thüringenweite Kompatibilität zu schaffen. Leider wurde im Rahmen eines Rechtsgutachtens im Dezember 2018 festgestellt, dass dieser Landesvertrag keine Rechtsgültigkeit mehr besitzt und die kommunale Öffnungsklausel damit nicht mehr existent ist. Ein Beitritt in diesen Rahmenvertrag und damit eine rechtskonforme Nachnutzung durch den Landkreis ist somit aktuell nicht mehr möglich. Ein Eintritt in einen zwischen dem Freistaat und der PDV neu abzuschließenden Vertrag wäre grundsätzlich auch denkbar, scheitert jedoch an der Zeitschiene. Deshalb wurden alternative Beschaffungsmöglichkeiten eines Dokumentenmanagementsystems durch die Verwaltung intensiv geprüft.

 

Der Saale-Orla-Kreis ist aus diesem Grund Mitglied einer interkommunalen Arbeitsgruppe bestehend aus 6 Thüringer Gebietskörperschaften. Hierzu zählen

 

  • Landkreis Altenburger Land
  • Landkreis Weimarer Land
  • Landkreis Saale-Holzland-Kreis
  • Landkreis Saale-Orla-Kreis
  • Landkreis Gotha
  • Stadt Gera

Wissenschaftlich begleitet wird die Projektgruppe durch die Duale Hochschule Gera-Eisenach (DHGE). Die Mitglieder der Arbeitsgruppe haben gemeinsam die Initiative ergriffen, um auf der Basis einer interkommunalen Zusammenarbeit eine gemeinsame Lösung zur Einführung eines DMS zu evaluieren. Alle Beteiligten haben derzeit noch kein DMS im Einsatz und sind nach grundlegender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beschaffung und Nutzung eines von der Landeslösung abweichenden DMS perspektivisch zu erheblichen Nachteilen führt. Die Einführung unterschiedlicher DMS-Systeme und die damit verbundene dauerhaft erforderliche individuelle Anpassung, sind mit hohen finanziellen, technischen und organisatorischen Aufwendungen verbunden. Vor diesem Hintergrund wurde geprüft, wie es vergaberechtlich möglich werden kann, eine einheitliche DMS-Lösung herbeizuführen. Um die gemeinsame Durchführung einer europaweiten Ausschreibung und damit die gemeinsame Beauftragung eines einheitlichen DMS zu erreichen, bedarf es als Rechtsgrundlage der Gründung eines Zweckverbandes auf Basis des ThürKGG. Danach würde ein Dienstleister beauftragt werden müssen zur Vorbereitung der nachgeschalteten europaweiten Ausschreibung. Dies würde erheblichen administrativen Aufwand, die Bindung umfangreicher personeller und finanzieller Ressourcen sowie zahlreiche weitere Unwägbarkeiten mit sich bringen. Hauptargument gegen diese Zusammenarbeit auf Basis des ThürKGG ist jedoch die vorgegebene Zeitschiene, da unter Beachtung aller Gegebenheiten, eine DMS-Beauftragung nicht vor dem 1. Quartal 2021 absehbar ist.

 

Als weitere Beschaffungsvariante wurde eine gemeinsame Fachplanung der Arbeitsgruppe für die Erarbeitung eines Leistungsverzeichnisses mit anschließender separater Beauftragung der Ausschreibung durch jeden einzelnen Beteiligten in Betracht gezogen. Vorteilhaft wären in diesem Konstrukt die Arbeitsteilung unter den Projektgruppenmitgliedern sowie ein überschaubarer Zeitrahmen für die Beschaffung. Allerdings besteht das Risiko, dass kein einheitliches DMS, im worst case sogar 6 verschiedene Systeme, zum Einsatz kommen könnte. Dies widerspricht jedoch vom Grundsatz her bereits dem Ziel der Arbeitsgruppe und dem Ansatz der einheitlichen Lösung.

 

Als dritter möglicher Ansatzpunkt wurde der Anschluss bzw. die Nutzung bereits bestehender kommunaler IT-Strukturen betrachtet. Da es hierzu in Thüringen leider keine leistungsstarke und erfahrene Struktur gibt und deren Schaffung aus o.g. Gründen zeitlich nicht zielführend ist, wurde der bereits bestehende Kontakt zum sächsischen Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) genutzt. KISA bietet ein umfangreiches Angebot für die IT-gestützte Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen und ist gegenüber ihren Mitgliedern inhousevergabefähig. Mitglieder bedienen sich bedarfsorientiert und profitieren von günstigeren Konditionen bei der Nutzung der Produkte und Dienstleistungen. KISA hat bereits eine breite Anwendergemeinschaft von ca. 270 kommunalen Mitgliedern aus verschiedenen Bundesländern und engen Kontakt zu kommunalen Spitzenverbänden. Ein Beitritt des Saale-Orla-Kreis ist gemäß §44 SächsKomZG sowie §16 ThürKGG unter Zustimmung des zuständigen Ministeriums rechtlich möglich. Weiterhin existiert bereits seit 1997 ein entsprechender „Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Freistaat Thüringen über Zweckverbände, Zweckvereinbarungen sowie kommunale Arbeitsgemeinschaften“, welcher gemäß §1 eine Zweckverbandsmitgliedschaft über die Landesgrenze hinweg ermöglicht.

Ein Beitritt zur KISA ist kostenfrei möglich. Gemäß Satzung deckt der Zweckverband seinen Finanzbedarf durch Vergütungen für die angebotenen Leistungen. Sofern der Finanzbedarf hierdurch sowie durch sonstige Erträge, Staatszuschüsse und sonstige zweckgebunden Zuschüssen nicht gedeckt werden kann, kann die Verbandsversammlung des Zweckverbandes einmalige oder jährliche Umlagen beschließen. Da in diesem Fall jedoch sämtliche Verbandsmitglieder umlagepflichtig sind und sich die Umlagenhöhe gemäß KISA-Satzung für Landkreise auf den Faktor 0,25/ Einwohner beläuft, wird das finanzielle Risiko durch die Verwaltung als überschaubar betrachtet. Über ein Ausscheiden aus dem Zweckverband entscheidet die Verbandsversammlung mit drei Fünfteln der satzungsmäßigen Stimmen.

Zusammenfassend ergeben sich durch eine Mitgliedschaft des Saale-Orla-Kreises im Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) nachstehende Vorteile:

 

·         Wegfall der Bindung von Ressourcen für Erarbeitung einer umfassenden Leistungsbeschreibung, da die Durchführung einer europaweiten Ausschreibung entbehrlich ist

·         Zeitgewinn durch wegfallende LV-Erarbeitung und Vergabeverfahren, was sich

positiv auf andere E-Government-Maßnahmen auswirkt (z. B. gesetzeskonforme

Einführung E-Rechnung zum 27.11.2019)

·         100%ige Kompatibilität zum DMS des Landes

·         Kosteneinsparung für individuelle Entwicklungen von DMS-Schnittstellen, da diese bereits aufgrund der Landeslösung existieren

·         durch einheitliches DMS ergibt sich maßgeblicher Vorteil für Sicherstellung

des gesetzlich vorgeschriebenen, ausschließlich digitalen Datenaustauschs

zwischen Behörden Thüringens ab 2025

·         Vereinfachung der Datenablage bei Arbeit mit einem einheitlichen Aktenplan

·         ein einheitliches bzw. wenige vorhandene Thüringer DMS erleichtern das

Sicherstellen einer strategisch avisierten, gemeinsamen Langzeitarchivierung von Land und Kommunen erheblich

·         aufgrund möglicher Inhousevergabe ist die Beschaffung weiterer IT-Produkte und Dienstleistungen aus dem Portfolio der KISA für den Landkreis ausschreibungsfrei und schnell möglich

 

Neben der reinen Beschaffung eines Dokumentenmanagementsystems stellt die Implementierung in der Verwaltung eine viel größere Aufgabe mit elementarer Bedeutung für die nächsten Jahre dar. Aufgrund vorliegender Kostenvoranschläge und Erfahrungen anderer Kommunen ist aktuell mit einem Gesamtinvestitionsvolumen i.H.v. 2,5 Mio. EUR verteilt auf die nächsten 10 Jahre zu rechnen. Aufgrund des Kostenvorteils durch die Mitgliedschaft ist hier von einer Einsparung von ca. 200-250 TEUR auszugehen. Weiterhin können, neben dem DMS-Projekt, Einspareffekte im Rahmen der weiteren Beschaffung von IT-Produkten und Dienstleistungen generiert werden.

 


Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Kreistag beschließt den Beitritt des Saale-Orla-Kreises zum Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) und nimmt die als Anlage 1 beigefügte Satzung des Zweckverbandes und die als Anlage 2 beigefügte 1. Satzung zur Änderung der Neufassung der Verbandssatzung des Zweckverbandes zur Kenntnis.

2.    Der Kreistag beauftragt und ermächtigt den Landrat, den Beitritt des Saale-Orla-Kreises zum Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) unverzüglich zu beantragen und alle im Rahmen des Beitrittsverfahrens erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Dies gilt auch für die Einholung von rechtsaufsichtlichen Genehmigungen.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

 ja

 nein

Haushaltsjahr: 2019

 planmäßige Ausgaben

 überplanmäßige Ausgaben

 außerplanmäßige Ausgaben

  Einnahmen

Haushaltsstelle: 2.02100.93500

Summe: 250000,00

Bezeichnung der Haushaltsstelle: Erwerb v. beweglichen Sachen des Anlagevermögens

Deckungsvorschläge:

 lfd. HH-Jahr

 HAR

Haushaltsstelle:

Summe: EUR

Bezeichnung der Haushaltsstelle:

     

     

     

     

     

     

     

     

     

 

Bemerkungen:

Unabhängig von den Erläuterungen zum Beitritt, hat der Landkreis für den Erwerb von Li-zenzen, Leistungen und Hardware für die Einführung der elektronischen Aktenführung im laufenden Haushaltsjahr 250T€ eingeplant.


Personelle Auswirkungen:

 

keine