Betreff
Beratung und Beschlussfassung über einen Vergleichsvertrag mit der Erbengemeinschaft Reuß ältere Linie
Vorlage
KT/037/2015
Art
Beschlussvorlage Kreistag

Sachverhalt:

 

Das am 01. Dezember 1994 in Kraft getretene Ausgleichsleistungsgesetz regelt in Paragraph 5 einen Ausgleichs- und Rückübertragungsanspruch an beweglichen Sachen, der auch das Inventar auf Schloß Burgk umfasst. Die Erbengemeinschaft hatte form- und fristgerecht die notwendigen Anträge gestellt. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat mit Bescheid vom 11. Dezember 2006 die Erben nach Fürst und Fürstin zu Stolberg-Roßla als Berechtigte im Sinne des Paragraphen 1 Abs. 1 Satz 1 Ausgleichsleistungsgesetz hinsichtlich des 1945 und 1949 auf besatzungshoheitsrechtlicher bzw. besatzungsrechtlicher Grundlage enteigneten mobilen Vermögens, das sich heute in der Verfügungsberechtigung des Saale-Orla-Kreises befindet, festgestellt. Darüber hinaus hat es bereits 76 Gemälde mit Bescheid vom 04.09.2012 bestandskräftig in das Eigentum der Erbengemeinschaft übertragen. Unbeschadet dieser Entscheidung war die Erbengemeinschaft bereit, die Gemälde in die Verhandlungsmasse der nunmehrigen Verhandlungen einfließen zu lassen.

 

Da am 30.11.2014 das im § 5 Abs. 2 Ausgleichsleistungsgesetz vorgesehene Moratorium für die beweglichen Sachen auslief, war es dringend geboten, mit der Erbengemeinschaft in Verhandlungen über die künftige Aufteilung der beweglichen Sachen auf Schloß Burgk einzutreten. Nach mehreren gescheiterten Einigungsversuchen wurden daher gegen Ende des Jahres 2012 die Gespräche mit der Erbengemeinschaft erneut aufgenommen. Zugleich wurden Gespräche mit dem Freistaat Thüringen und der Kulturstiftung des Bundes aufgenommen mit der Bitte um Unterstützung bei der Finanzierung und Durchsetzung der Interessen des Landkreises. Beide Institutionen haben seither die Einigungsverhandlungen begleitet.

 

Mit der Erbengemeinschaft wurde zunächst eine umfangreiche Bestandsermittlung vereinbart. Dabei konnten mehr als 4.500 historische Objekte im Bestand festgestellt werden.

Unter Nutzung aller zur Verfügung stehenden Quellen (Inventare aus dem 18. und 20. Jahrhundert, Archivmaterialien, Publikationen, Presseerzeugnisse, Fotodokumente) wurden alle historischen Objekte auf ihre Herkunft geprüft und die Ergebnisse mit den Erben abgeglichen.

 

Im Ergebnis der Nachforschungen konnte festgestellt werden, dass 1.528 Gegenstände dem Altbestand bzw. dem Vermögen des Fürstenhauses zuzurechnen waren und damit grundsätzlich dem Herausgabeverlangen der Erbengemeinschaft unterfielen. Dem Herausgabeverlangen der Erbengemeinschaft stellte der Landkreis gegenüber diejenigen Gegenstände, die von vornherein herausgegeben werden sollten, diejenigen, die möglichst behalten werden sollten und diejenigen, die als unverzichtbar für eine angemessene Ausstattung des Schlosses eingeschätzt wurden.

 

Es erfolgten hierzu mehrere Verhandlungsrunden, in denen sich letztlich darauf verständigt werden konnte, dass

 

a)      die Erbengemeinschaft auf die Rückgabe von insgesamt 816 im Museum Schloß Burgk befindliche Ausstellungs- und Depotobjekte, davon 74 aus der ständigen Ausstellung, verzichtet. Drei dieser Objekte sollen als Leihgabe für 10 Jahre im Schloss verbleiben. Für den Verzicht auf diese 816 Objekte erhält die Erbengemeinschaft einen finanziellen Ausgleich von voraussichtlich ca. 3,3 Mio. €. Der zu zahlende Ausgleichsbetrag lässt sich derzeit noch nicht abschließend bestimmen, da die Einigung über einige Vermögensteile noch aussteht (Mobiliar, Wandbespannungen). Die Summe von 3,3 Mio. € beschreibt indessen den nach dem Verhandlungsstand und den durch die Erbengemeinschaft selbst vorgenommenen Bewertungen mutmaßlich zu erwartenden Höchstbetrag. Die Gesamtsumme ist in drei Raten bis zum Jahresende 2016 zu entrichten.

 

Die Einigung wird durch den Freistaat Thüringen im Jahr 2015 mit mindestens 600.000 € gefördert. Der Förderantrag ist gestellt. Der Förderbescheid liegt noch nicht vor. Die Kulturstiftung der Länder hat aufgrund der nationalen Bedeutung, z. B. der Silbermannorgel, ebenso eine finanzielle Beteiligung für das Jahr 2016 in Aussicht gestellt. Es wird diesseits von einer Beteiligung am Gesamtvolumen von jeweils etwa zu einem Drittel ausgegangen. Der Saale-Orla-Kreis beabsichtigt im Jahr 2015 noch eine Zahlung in Höhe von 225.000 € zuzüglich 600.000 € Fördermittel zu leisten. Der Anteil des Landkreises in Höhe von 225.000 € ist im Haushalt eingestellt. Der Haushaltsplan für das Jahr 2016 soll eine weitere Gesamthöhe von 1,175 Mio. € enthalten. Dies würde den Drittelanteil des Landkreises am Gesamtvolumen abdecken und zusätzlich einen gewissen Puffer für den Fall enthalten, dass im Ergebnis der noch ausstehenden Wertgutachten eine höhere Gesamtsumme aufzubringen wäre.

 

Die Auswahl der Objekte, die für das Museum Schloß Burgk erworben werden sollen, erfolgte nach folgenden Kriterien

 

·         regionale und überregionale historische und kulturelle Bedeutung;

·         Unverzichtbarkeit für die Geschichte der Burg- bzw. Schlossanlage sowie des fürstlichen Hauses Reuß ä.L. unter Berücksichtigung der derzeitigen wie auch während der Recherchen entwickelten modifizierten Museumskonzeption;

·         Finanzbedarf für Ankauf und Folgekosten (Ersatz für Rückübertragungen, Objekte, Restaurierungsbedarf für verbleibende Depotsituation u.a.m).

 

b)      die Erben insgesamt 712 Objekte in einem Gesamtwert von 889.562,00 € zurückerhalten. Es handelt sich dabei um nicht zur Ausstellung vorgesehene Museumsdepotbestände oder um Objekte, die die Erben zur persönlichen Verwendung herausverlangen.

c)      die Einigung für die Objektgruppen Archiv, Bücher, Bilder, Drucke/Fotografien, Edelmetall/Metallobjekte, Glas, Kunsthandwerk, Militaria, Raumausstattung, Porzellan/Keramik, Plastik/Skulpturen, Textilien und Varia/Sonstiges abschließend ist.

d)     bei den Objektgruppen Möbel/Wandbespannungen und Leihgaben, die sich bei Dritten befinden, noch Recherche- bzw. Bewertungsbedarf besteht. Über sie soll im Tenor dieser Vereinbarung in einem Nachtrag entschieden werden.

 

Alle beteiligten Parteien stimmen darin überein, dass mit dem erzielten Verhandlungsergebnis das historische und kulturelle Erbe auf Schloß Burgk bewahrt werden kann und das für die Öffentlichkeit und die Wissenschaft herausragende Ensemble der Schlossanlage mit Inventar dauerhaft erhalten bleiben kann.

 

Im Falle, dass die Vereinbarung nicht zu Stande kommt oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgelöst werden sollte, hätte dies zur Folge, dass sich die Erbengemeinschaft in einem vermögensrechtlichen Verfahren wieder um die Herausgabe der beanspruchten beweglichen Gegenstände bemühen müsste. Es würde sich ein langwieriges Verfahren anschließen, nach dem es zu einer gerichtlichen Entscheidung mit einem aus heutiger Sicht offenen Ausgang kommen würde. Dem Landkreis würde in diesem Fall der Verlust kulturell wertvoller Vermögensgegenstände, wie etwa der Silbermannorgel, drohen, deren Verbleiben auf Schloß Burgk mit der vorliegenden Vereinbarung gesichert werden kann. Es bliebe zudem über einen unabsehbaren Zeitraum bei einer hohen Rechtsunsicherheit hinsichtlich einer Vielzahl der auf Schloß Burgk vorhandenen Mobilien, die die konzeptionelle Arbeit maßgeblich beeinträchtigen würde.

 

Kann der Landkreis die übernommenen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht vollständig erfüllen, ist das weitere Verfahren wie folgt denkbar.

Der Vertrag wird durch die Erbengemeinschaft widerrufen. Bis dahin eventuell geleistete Zahlungen sind sodann Zug um Zug gegen die Herausgabe der beanspruchten Vermögensgegenstände zurückzuzahlen. Kann die Rückzahlung nicht geleistet werden, so verbleiben Gegenstände im Wertumfang des nicht geleisteten Rückzahlungsanteils dem Saale-Orla-Kreis. Die Erbengemeinschaft muss sich sodann um die Rückgabe der verbliebenen Gegenstände im vermögensrechtlichen Verfahren bemühen.

Alternativ könnten mit der Erbengemeinschaft Verhandlungen über einen Teilwiderruf geführt werden. Landkreis und Erbengemeinschaft würden sich in diesem Fall auf den Verbleib konkreter Gegenstände verständigen müssen, deren Wert dem Teil der bereits geleisteten Zahlungen entspricht. Hinsichtlich der nicht von der Einigung umfassten Gegenstände wäre sodann ebenfalls das vermögensrechtliche Verfahren zu betreiben.

Festzuhalten ist, dass in beiden Fällen dem Landkreis Mobilien im Wertumfang der geleisteten Zahlungen verbleiben.

 

Ergänzend noch einige Erläuterungen zu den Anlagen.

In den Anlagen 3 und 4 sind in der Objektgruppe III. Bilder Positionen gelb markiert. Die Markierungen verweisen auf die der Erbengemeinschaft bereits in 2012 rückübertragenen Gemälde (Porträts). Für die in Anlage 3 aufgeführten und so markierten Objekte soll das Eigentum wieder auf den Landkreis übergehen.

Weiter sind in der Anlage 4 in nahezu allen Objektgruppen verschiedene Objekt grün markiert. Diese Positionen zeigen die Objekte an, bei denen es Interessenüberschneidungen zwischen Erbengemeinschaft und Museum/Landkreis gab. Diese Objekte können durch das Museum für Sonderausstellungen ausgeliehen werden und die Erben werden, sollten einmal Veräußerungsabsichten bestehen, diese dem Landkreis kundtun.

 

 


Beschlussvorschlag:

 

„Der Kreistag des Saale-Orla-Kreises beauftrag den Landrat, mit dem Erben nach Christoph-Martin Fürst zu Stolberg-Roßla sowie den Erben nach Ida Fürstin zu Stolberg-Roßla, geborene Prinzessin Reuß ä.L. den in der Anlage beigefügten Vergleichsvertrag zur Auseinandersetzung über die ihrem Herausgabeanspruch unterfallenden auf Schloß Burgk befindlichen beweglichen Gegenstände abzuschließen.“

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

 ja

 nein

Haushaltsjahr: 2015

 planmäßige Ausgaben

 überplanmäßige Ausgaben

 außerplanmäßige Ausgaben

  Einnahmen

Haushaltsstelle: 2.31000.93500

Summe: 225000,00

Bezeichnung der Haushaltsstelle:      

Deckungsvorschläge:

 lfd. HH-Jahr

 HAR

Haushaltsstelle:

Summe: EUR

Bezeichnung der Haushaltsstelle:

     

     

     

     

     

     

     

     

     

 

Bemerkungen:

     


Personelle Auswirkungen:

 

keine