Sachverhalt:
Im Pflichtaufgabengebiet der
Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung
gemäß § 35a SGB VIII (z. B. Schulbegleitung, Lerntherapien, Tagesgruppen,
Unterbringung in Einrichtungen oder Wohnformen außerhalb des Elternhauses, intensive
sozialpädagogische Einzelbetreuung) ist es im Jahr 2022 erneut zu einer
deutlichen Steigerung sowohl der Fallzahlen als auch der Kostensätze gekommen.
Dabei handelt es sich nicht um eine regionale
sondern um eine thüringen- und bundesweit seit Jahren anhaltende Entwicklung.
Thüringenweit weist das Thüringer Landesamt für Statistik im Zeitraum von 2007
bis 2021 eine Versechsfachung der Fallzahlen für jeweils zum 31.12. andauernde
Hilfen bei gleichzeitig sinkender Einwohnerzahl aus.
Diese thüringenweite Entwicklung zeigt sich
nunmehr auch im Saale-Orla-Kreis. Verzeichnete der Saale-Orla-Kreis in den
2010er Jahren entgegen dem Trend eine annähernd gleichbleibende Fallzahl,
erhöht sich das Antragsaufkommen seit 2022 entsprechend der gesamtgesellschaftlichen
Entwicklung. Gegenwärtig führt der Fachdienst ca. 150 Hilfefälle. Davon sind 18
Fälle stationäre Hilfen mit Unterbringung außerhalb des Elternhauses. Eine
stationäre Hilfe (24 h / 7 Tage pro Woche) kostet zwischen 6.000 EUR bis 12.000
EUR im Monat. Die durchschnittlichen Kosten für ambulante Hilfen (z. B.
Schulbegleitung, autismusspezifische Förderung) belaufen sich auf ca. 1.150
EUR/Jahr.
Unverändert feststellbar aus fachlicher Sicht
ist, dass Einzelfälle komplexer, aufwendiger und schwieriger werden. Bei
Kindern und Jugendlichen mit wiederholt akut selbst- und/oder fremdgefährdenden
Verhalten stoßen Eltern, Pädagogen und Ärzte aufgrund der Intensität des
Verhaltens zunehmend an ihre Grenzen. Für den Fachdienst stellt es nach wie vor
eine kaum lösbare Aufgabe dar, für diese Kinder und Jugendliche eine geeignete
Jugendhilfeeinrichtung zu finden. Selbst bei deutschlandweiter
Einrichtungssuche durch den Fachdienst sagen die angefragten Einrichtungen oft
wegen fehlenden Platzkapazitäten oder Nichteignung der Einrichtung für den
Hilfefall ab.
Jeder Antrag wird im Fachdienst einer
umfassenden fachlichen Prüfung in Zusammenarbeit zwischen Sachbearbeiter und
Sozialarbeiter unterzogen. Im Rahmen der Prüfung der gesetzlichen
Anspruchsvoraussetzungen erfolgt eine umfassende Sachverhalts- und
Bedarfsermittlung. Die Feststellung der nicht nur vorübergehenden seelischen
Gesundheitsstörung erfolgt ausschließlich auf der Grundlage einer
fachärztlichen Diagnose. Inwieweit durch die seelische Behinderung erhebliche
Einschränkungen im Alltags- und Schulleben gegeben sind, wird durch den
Fachdienst sozialpädagogisch ermittelt (Schulauskunftsbogen, sonderpädagogische
Gutachten, Hospitationen, Gespräche, Hausbesuche) und beurteilt. Erst nach
Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen, erfolgt eine sozialpädagogische
Einschätzung der geeigneten und notwendigen Hilfe im Einzelfall. Mittels
Hilfeplankonferenzen sowie Teamberatungen wird über die geeigneten Hilfen
beraten und entschieden. Der bereits im Jahr 2022 verzeichnete Zuwachs an
Anträgen sowie die zunehmende Komplexität der Krankheitsbilder mit deren
vorliegenden Teilhabeeinschränkungen setzt sich in diesem Jahr kontinuierlich
fort.
Im Pflichtaufgabengebiet der
heilpädagogischen Leistungen in Regelkindergärten und der teilstationären
Frühförderung in integrativen Kindergärten ist im Fachdienst ebenfalls ein
verstärktes Antragsaufkommen eingetreten. Auch in diesem Bereich sind
komplexere Erkrankungen und Einschränkungen feststellbar. Aufgrund der Schwere
der Erkrankungen / Beeinträchtigungen benötigen die Kinder vermehrt
individuellere und intensivere Betreuungssettings. Dies führt zu höherem
Personaleinsatz in den Kindergärten. Den Vergütungssatz für den höheren
Personaleinsatz verhandelt der Träger des Kindergartens mit dem Thüringer
Landesverwaltungsamt. Auf diese Leistungsvergütungsvereinbarungen hat der
Fachdienst kaum Einfluss. Gegenwärtig zahlt der Fachdienst für ein Kind mit
erhöhtem Förderbedarf in einem Regelkindergarten im Durchschnitt ca. 70,00 EUR
pro Tag, d. h. ca. 1.500,00 EUR pro Monat je Kind mit erhöhtem Förderbedarf.
Hinzutreten können noch Mehrbedarfe, z. B. 1:1 Betreuungen (19 Kinder). Diese
werden entsprechend des konkreten Einzelfallbedarfes individuell berechnet.
Beschlussvorschlag:
„Der Kreistag des Saale-Orla-Kreises
beschließt überplanmäßige Ausgaben
1. in Höhe von 634.450,00 € auf der
Haushaltsstelle 1.45600.77130 – Hilfen für seelisch behinderte Kinder und
Jugendliche (§ 35a SGB VIII),
2. in Höhe von 290.000,00 € auf der Haushaltsstelle
1.48809.78903 – Heilpädagogische Leistungen in Regelkindergärten
und
3. in Höhe von 90.000,00 € auf der
Haushaltsstelle 1.48809.78900 – Teilstationäre Frühförderung für Kinder in
integrativen Kindergärten.“
Finanzielle Auswirkungen:
Bemerkungen:
Deckungsvorschläge:
1.40735.65200 1.000,00€ Post- und Fernmeldebegühren
1.41038.74020 8.500,00€ HLU-Leistungen an Empfänger in Beh.wohnheimen
1.45251.71800 9.000,00€ Courage gegen Drogen
1.45251.71802 21.000,00€ Familienklasse
1.45420.76120 5.000,00€ Hilfen durch Tagespflege/ Familienpflege
1.48805.78902 50.000,00€ Internate Sonderformen
1.48805.78904 5.000,00€ Sonstige Hilfen, Hilfsmittel,
persönliches Budget
1.45570.77130 250.000,00€ Heimkosten §34 SGB VIII
1.41010.73010 90.000,00 €
1.41010.73018 100.000,00€
UA
48260 (BuT) 130.000,00€
1.49000.17100 177.000,00€ Abschlagszahlung Erstattung ThürRkwErstG
Geplante Mehreinnahmen im FD 35:
1.45600.25100 – Kostenbeiträge der Eltern für stat.
EGH +
ca. 25.000,00€
1.45600.25500 – Erstattung von Soziallst.trägern +
ca. 6.500,00€
1.48805.16100 – neue HHST – Einnahme-HHST +
103.000,00€
1.48805.78900 – Schulbegleiter + 35.665,22€
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+168.165,22€
Personelle Auswirkungen:
keine