Betreff
Überplanmäßige Ausgaben in der Eingliederungshilfe
Vorlage
KT/128/2023
Art
Beschlussvorlage Kreistag

Sachverhalt:

 

Im Pflichtaufgabengebiet der Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung gemäß § 35a SGB VIII (z. B. Schulbegleitung, Lerntherapien, Tagesgruppen, Unterbringung in Einrichtungen oder Wohnformen außerhalb des Elternhauses, intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung) ist es im Jahr 2022 erneut zu einer deutlichen Steigerung sowohl der Fallzahlen als auch der Kostensätze gekommen.

 

Dabei handelt es sich nicht um eine regionale sondern um eine thüringen- und bundesweit seit Jahren anhaltende Entwicklung. Thüringenweit weist das Thüringer Landesamt für Statistik im Zeitraum von 2007 bis 2021 eine Versechsfachung der Fallzahlen für jeweils zum 31.12. andauernde Hilfen bei gleichzeitig sinkender Einwohnerzahl aus.

 

Diese thüringenweite Entwicklung zeigt sich nunmehr auch im Saale-Orla-Kreis. Verzeichnete der Saale-Orla-Kreis in den 2010er Jahren entgegen dem Trend eine annähernd gleichbleibende Fallzahl, erhöht sich das Antragsaufkommen seit 2022 entsprechend der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Gegenwärtig führt der Fachdienst ca. 150 Hilfefälle. Davon sind 18 Fälle stationäre Hilfen mit Unterbringung außerhalb des Elternhauses. Eine stationäre Hilfe (24 h / 7 Tage pro Woche) kostet zwischen 6.000 EUR bis 12.000 EUR im Monat. Die durchschnittlichen Kosten für ambulante Hilfen (z. B. Schulbegleitung, autismusspezifische Förderung) belaufen sich auf ca. 1.150 EUR/Jahr.

 

Unverändert feststellbar aus fachlicher Sicht ist, dass Einzelfälle komplexer, aufwendiger und schwieriger werden. Bei Kindern und Jugendlichen mit wiederholt akut selbst- und/oder fremdgefährdenden Verhalten stoßen Eltern, Pädagogen und Ärzte aufgrund der Intensität des Verhaltens zunehmend an ihre Grenzen. Für den Fachdienst stellt es nach wie vor eine kaum lösbare Aufgabe dar, für diese Kinder und Jugendliche eine geeignete Jugendhilfeeinrichtung zu finden. Selbst bei deutschlandweiter Einrichtungssuche durch den Fachdienst sagen die angefragten Einrichtungen oft wegen fehlenden Platzkapazitäten oder Nichteignung der Einrichtung für den Hilfefall ab.

 

Jeder Antrag wird im Fachdienst einer umfassenden fachlichen Prüfung in Zusammenarbeit zwischen Sachbearbeiter und Sozialarbeiter unterzogen. Im Rahmen der Prüfung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfolgt eine umfassende Sachverhalts- und Bedarfsermittlung. Die Feststellung der nicht nur vorübergehenden seelischen Gesundheitsstörung erfolgt ausschließlich auf der Grundlage einer fachärztlichen Diagnose. Inwieweit durch die seelische Behinderung erhebliche Einschränkungen im Alltags- und Schulleben gegeben sind, wird durch den Fachdienst sozialpädagogisch ermittelt (Schulauskunftsbogen, sonderpädagogische Gutachten, Hospitationen, Gespräche, Hausbesuche) und beurteilt. Erst nach Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen, erfolgt eine sozialpädagogische Einschätzung der geeigneten und notwendigen Hilfe im Einzelfall. Mittels Hilfeplankonferenzen sowie Teamberatungen wird über die geeigneten Hilfen beraten und entschieden. Der bereits im Jahr 2022 verzeichnete Zuwachs an Anträgen sowie die zunehmende Komplexität der Krankheitsbilder mit deren vorliegenden Teilhabeeinschränkungen setzt sich in diesem Jahr kontinuierlich fort.

 

Im Pflichtaufgabengebiet der heilpädagogischen Leistungen in Regelkindergärten und der teilstationären Frühförderung in integrativen Kindergärten ist im Fachdienst ebenfalls ein verstärktes Antragsaufkommen eingetreten. Auch in diesem Bereich sind komplexere Erkrankungen und Einschränkungen feststellbar. Aufgrund der Schwere der Erkrankungen / Beeinträchtigungen benötigen die Kinder vermehrt individuellere und intensivere Betreuungssettings. Dies führt zu höherem Personaleinsatz in den Kindergärten. Den Vergütungssatz für den höheren Personaleinsatz verhandelt der Träger des Kindergartens mit dem Thüringer Landesverwaltungsamt. Auf diese Leistungsvergütungsvereinbarungen hat der Fachdienst kaum Einfluss. Gegenwärtig zahlt der Fachdienst für ein Kind mit erhöhtem Förderbedarf in einem Regelkindergarten im Durchschnitt ca. 70,00 EUR pro Tag, d. h. ca. 1.500,00 EUR pro Monat je Kind mit erhöhtem Förderbedarf. Hinzutreten können noch Mehrbedarfe, z. B. 1:1 Betreuungen (19 Kinder). Diese werden entsprechend des konkreten Einzelfallbedarfes individuell berechnet.

 


Beschlussvorschlag:

  

„Der Kreistag des Saale-Orla-Kreises beschließt überplanmäßige Ausgaben

 

1.      in Höhe von 634.450,00 € auf der Haushaltsstelle 1.45600.77130 – Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII),

2.      in Höhe von 290.000,00 € auf der Haushaltsstelle 1.48809.78903 – Heilpädagogische Leistungen in Regelkindergärten

und

3.      in Höhe von 90.000,00 € auf der Haushaltsstelle 1.48809.78900 – Teilstationäre Frühförderung für Kinder in integrativen Kindergärten.“

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

 ja

 nein

Haushaltsjahr:     

 planmäßige Ausgaben

 überplanmäßige Ausgaben

 außerplanmäßige Ausgaben

  Einnahmen

Haushaltsstelle: 1.45600.77130 / 1.48809.78903/ 1.48809.78900

Summe: 1.014.450,00 €

Bezeichnung der Haushaltsstelle: Eingliederungshilfe/ Heilpädagogische Leistungen

Deckungsvorschläge:

 lfd. HH-Jahr

 HAR

Haushaltsstelle:

Summe: EUR

Bezeichnung der Haushaltsstelle:

     

     

     

     

     

     

     

     

     

 

Bemerkungen:

Deckungsvorschläge:

 

1.40735.65200            1.000,00€        Post- und Fernmeldebegühren

1.41038.74020            8.500,00€        HLU-Leistungen an Empfänger in  Beh.wohnheimen

1.45251.71800            9.000,00€        Courage gegen Drogen

1.45251.71802            21.000,00€      Familienklasse

1.45420.76120            5.000,00€        Hilfen durch Tagespflege/ Familienpflege

1.48805.78902            50.000,00€      Internate Sonderformen

1.48805.78904            5.000,00€        Sonstige Hilfen, Hilfsmittel, persönliches Budget

1.45570.77130            250.000,00€    Heimkosten §34 SGB VIII

1.41010.73010            90.000,00 €    

1.41010.73018            100.000,00€   

UA 48260 (BuT)         130.000,00€   

1.49000.17100            177.000,00€    Abschlagszahlung Erstattung ThürRkwErstG  

 

Geplante Mehreinnahmen im FD 35:

 

1.45600.25100 – Kostenbeiträge der Eltern für stat. EGH    + ca. 25.000,00€               

1.45600.25500 – Erstattung von Soziallst.trägern                  + ca. 6.500,00€                 

1.48805.16100 – neue HHST – Einnahme-HHST                 + 103.000,00€                    1.48805.78900 – Schulbegleiter                                                 + 35.665,22€                     

                                                                                                                                                                                                                                                            ________________

                                                                                                                                                                                                                                                            +168.165,22€

   


Personelle Auswirkungen:

 

keine