Betreff
Zweiter Nachtrag zum Vergleichsvertrag 2015 mit der Erbengemeinschaft Reuß ältere Linie
Vorlage
KT/062/2021
Art
Beschlussvorlage Kreistag

Sachverhalt:

 

I.

 

Das am 01. Dezember 1994 in Kraft getretene Ausgleichsleistungsgesetz regelt in Paragraph 5 einen Ausgleichs- und Rückübertragungsanspruch an beweglichen Sachen, der auch das Inventar auf Schloß Burgk umfasst. Die Erbengemeinschaft hatte form- und fristgerecht die notwendigen Anträge gestellt. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat mit Bescheid vom 11. Dezember 2006 die Erben nach Fürst und Fürstin zu Stolberg-Roßla als Berechtigte im Sinne des Paragraphen 1 Abs. 1 Satz 1 Ausgleichsleistungsgesetz hinsichtlich des 1945 und 1949 auf besatzungshoheitsrechtlicher bzw. besatzungsrechtlicher Grundlage enteigneten mobilen Vermögens, das sich heute in der Verfügungsberechtigung des Saale-Orla-Kreises befindet, festgestellt.

 

Mit Beschluss Nr. 106-9/2015 vom 23.11.2015 beauftragte der Kreistag des Saale-Orla-Kreises den Landrat, einen Vergleichsvertrag mit den Erben nach Christoph-Martin Fürst zu Stolberg-Roßla sowie den Erben nach Ida Fürstin zu Stolberg-Roßla, geborene Prinzessin Reuß ä.L. abzuschließen. Der Sachverhalt wurde in der Kreistagsvorlage Nr.: KT/037/2015 vom 02.11.2015 ausführlich erläutert. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführungen in dieser Vorlage verwiesen.

 

Zum Zeitpunkt des Kreistagsbeschlusses am 23.11.15 waren die Recherchen zu den Objektgruppen „Möbel“ und „Leihgaben“ noch nicht abgeschlossen. Die Provenienz der fraglichen Objekte wurde in den folgenden Jahren geklärt und Verhandlungen mit der Erbengemeinschaft aufgenommen. Nach Abschluss der Verhandlungen legt der Landrat des Saale-Orla-Kreises diesen Nachtrag nunmehr zur Beschlussfassung vor.

 

Der Vertrag umfasst konkret:

a)      Die Regelungen und Bedingungen der Einigung.

b)      Die Anlagen 1 bis 7 mit folgenden Inhalten:

  • In Anlage 1 Vollmachten von Mitgliedern der Erbengemeinschaft
  • In Anlage 2 die Positionen beweglicher Sachen der Objektgruppe IX. Möbel, auf die die Erben verzichten und für die analog zum Vertrag von 2015 eine Ausgleichszahlung durch den Landkreis zu Gunsten der Erben erfolgen wird. Die Höhe dieser Ausgleichszahlung beträgt 398.430,00 Euro.
  • In Anlage 3 die Positionen beweglicher Sachen der Objektgruppe IX. Möbel und der Objektgruppe XVI. Leihgaben, die in das Gesamthandeigentum der Erben rückübertragen werden.
  • In Anlage 4 Objektgruppe XVI. Leihgaben die restlichen acht Positionen beweglichen Sachen, die bisher bei den Leihnehmern nicht aufzufinden oder zuzuordnen sind.
  • In der Anlage 5 zwei Positionen mit je einer Rüstung aus dem Rittersaal, auf die die Erben in 2015 ursprünglich gegen Ausgleich verzichten, für deren Ablösung dann aber die finanziellen Drittmittel nicht ausreichten. Sie wurden in der Folge in das Gesamthandeigentum der Erben rückübertragen und werden jetzt zum ursprünglich in 2015 vereinbarten Ausgleichsbetrag an den Landkreis veräußert.

 

 

 

 

  • In der Anlage 6 sind zwei bewegliche Sachen erfasst, die als sogenannte Sachkompensation (insgesamt 13.000,-- €) im Rahmen des Ausgleichs und Ankaufs in das Gesamthandeigentum der Erben übergehen. Die Sitzgarnitur (10.000,-- €) und ein Kabinettschränkchen (3.000,-- €) werden durch die Erben zur persönlichen privaten Nutzung übernommen.
  • In der Anlage 7 sind die 1989 umgesetzten bzw. übereigneten Positionen beweglicher Sachen erfasst, die zuvor Leihgaben vom Museum Schloß Burgk waren. Sie stehen folglich damit nicht mehr in der Verfügungsberechtigung des Landkreises.

 

Inhaltlich ist der 2. Nachtrag eng an den Vergleichsvertrag aus dem Jahr 2015 angelehnt.

 

Die Auswahl der Objekte, die für das Museum Schloß Burgk erworben werden sollen (Anlage 2), erfolgte nach den Kriterien

 

           regionale und überregionale historische und kulturelle Bedeutung;

           Unverzichtbarkeit für die Geschichte der Burg- bzw. Schlossanlage sowie des fürstlichen

              Hauses Reuß ä.L. unter Berücksichtigung der derzeitigen, wie auch der während der

              Recherchen entwickelten Museumskonzeption;

           Finanzbedarf für Ankauf und Folgekosten (Ersatz für Rückübertragungen, Objekte,

              Restaurierungsbedarf für verbleibende Depotsituation u.a.m).

 

II.

 

Im Herbst 2020 trat der Vertreter der Erbengemeinschaft mit der Bitte an den Landkreis heran, im Vorgriff auf die jetzt vorliegende abschließende Einigung einige Möbelstücke herauszugeben. Es liege bei diesen Stücken besondere Eilbedürftigkeit vor. Den Erben war es gelungen, einen Käufer für konkrete Objekte zu finden. Finanzielle Mittel zum Ankauf standen diesem Käufer aber nur bis zum 31.12.2020 zu Verfügung. Um der Erbengemeinschaft entgegenzukommen, wurde der Herausgabe dieser Möbel zugestimmt. Die übergebenen Objekte standen eindeutig im Eigentum von Fürst und Fürstin zu Stolberg-Roßla und unterlagen damit dem Herausgabeanspruch der Erbengemeinschaft. Der Landkreis hatte und hat kein Interesse an einer Übernahme. Es handelte sich im Wesentlichen um 25 Stühle, 8 Tische, einige Gebetsbänkchen und Beistelltische/Konsolen. Sämtliche Mobilien waren stark reparatur- bzw. restaurationsbedürftig und darüber hinaus mit dem Holzschutzmittel „Hylotox“ belastet. Eine möglichst baldige Herausgabe wäre also wünschenswert. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums hätte sich das Gefährdungspotential verringert und es wäre Lagerraum freigeworden. Leider hat der Käufer die Möbel aber bis heute nicht abgeholt. Vertraglich regelten die Parteien die Herausgabe dieser Stücke in einem 1. Nachtrag zum Vergleichsvertrag 2015.

 

III.

 

Die Finanzierung der vorliegenden Einigung soll durch Bereitstellung von Eigenmitteln des Landkreises (160 T€), durch Fördermittel des Freistaats Thüringen (176,93 T€) und durch eine Beteiligung der Ernst von Siemens Kunststiftung mit Sitz in Berlin (61,5 T€) erfolgen. Die Stiftung ist bereit, die im Beschlussvorschlag genannten Gegenstände anzukaufen und sie danach dem Saale-Orla-Kreis als Dauerleihgaben für Ausstellungszwecke zur Verfügung zu stellen. Die Eigenmittel des Landkreises stehen auf der unten benannten Haushaltstelle zur Verfügung. Offen ist zum jetzigen Zeitpunkt die Höhe der Förderung durch den Freistaat Thüringen (siehe „Bemerkungen“ im folgenden Punkt der Vorlage).

 

Im Falle, dass dieser 2. Nachtrag nicht zu Stande kommt, hätte dies zur Folge, dass sich die Erbengemeinschaft in einem vermögensrechtlichen Verfahren wieder um die Herausgabe der beanspruchten beweglichen Gegenstände bemühen müsste. Es würden sich langwierige Verwaltungs- und  Gerichtsverfahren anschließen, in deren Ergebnis der Saale-Orla-Kreis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Herausgabe der beanspruchten Mobilien verpflichtet werden würde. Der Landkreis verlöre in diesem Fall kulturell wertvolle Vermögensgegenstände, deren Verbleib auf Schloß Burgk mit dem vorliegenden Nachtrag gesichert werden kann. Es bliebe zudem über einen unabsehbaren Zeitraum bei einer hohen Rechtsunsicherheit hinsichtlich einer Vielzahl der auf Schloß Burgk vorhandenen Gegenstände, die die konzeptionelle Arbeit maßgeblich beeinträchtigen würde.

 

 


Beschlussvorschlag:

  

„1. Der Kreistag des Saale-Orla-Kreises beauftragt den Landrat, mit dem Erben nach Christoph-Martin Fürst zu Stolberg-Roßla sowie den Erben nach Ida Fürstin zu Stolberg-Roßla, geborene Prinzessin Reuß ä.L. den in der Anlage beigefügten 2. Nachtrag zum Vergleichsvertrag aus dem Jahr 2015 abzuschließen.

 

2. Zur teilweisen Finanzierung wird der Landrat ermächtigt, folgende Gegenstände aus dem Inventar an die Ernst von Siemens Kunststiftung mit Sitz in Berlin zu veräußern und anschließend auf vertraglicher Basis als Dauerleihgabe der Stiftung auf Schloß Burgk auszustellen:

 

a) Kastenschrank auf Tischchen mit geschweiften Beinen

     Kabinettschrank mit Stegtisch

     Inventar-Nr.: XII/1/185 | Lfd.Nr.: IX.078

     Wertfeststellung: 12.500,- Euro minus 40 % aufgrund Hylotoxbelastung: 7.500,- Euro

 

b) Egerer Kabinett /frühes 18. Jh.

     In Birkenmaser, Ahorn, Nussbaum und Obstholzmarqueterie, böhmisch. Zwei verschließbare

     Türen, Vögel und Blumen eingelegt, Füße vier stilisierte Löwen.

     63x61x32 cm

     Inventar-Nr.: XII/1/193 | Lfd.Nr.: IX.028

     Wertfeststellung: 40.000,- Euro minus 40 % aufgrund Hylotoxbelastung: 24.000,- Euro

 

c) ein Paar Salontische/frühes 18. Jahrhundert

      Salontisch / Urteil des Paris

      Polychrom bemalt, ebonisiert und vergoldet. Vier Wappenmedaillons mit Darstellung

      des Paris, eingefasst von der Platte. Deutschland, erstes Viertel  18. JH.

      Inventar-Nr.:  XII/1/138 | Lfd.Nr.: IX.002

      Salontisch/Aktäon

      Inventar-Nr.:  XII/1/138 | Lfd.Nr.: IX.002

      Wertfeststellung: 50.000,- Euro minus 40 % aufgrund Hylotoxbelastung: 30.000,- Euro.“

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

 ja

 nein

Haushaltsjahr: 2021

 planmäßige Ausgaben

 überplanmäßige Ausgaben

 außerplanmäßige Ausgaben

  Einnahmen

Haushaltsstelle:      

Summe: 61500,00

Bezeichnung der Haushaltsstelle:      

Deckungsvorschläge:

 lfd. HH-Jahr

 HAR

Haushaltsstelle:

Summe: EUR

Bezeichnung der Haushaltsstelle:

2 32110 93500

160000,00

Erwerb von beweglichen Sachen des Anlagevermögens (VMH Schloß Burgk, S. 661)

     

     

     

     

     

     

 

Bemerkungen:

Der Freistaat Thüringen sagte bisher zu, den Förderantrag des Saale-Orla-Kreises wohlwollend zu prüfen. Eine Aussage über die Höhe der Förderung könne aber frühestens im Oktober 2021 abgegeben werden. Die Finanzierung der Maßnahme ist daher nur teilweise gesichert, es fehlen noch 176.930,00 Euro. In den 2. Nachtrag wurde daher eine Verhandlungsoption für den Fall aufgenommen, dass die beantragten Fördermittel nicht oder nicht in vollem Umfang bewilligt werden.


Personelle Auswirkungen:

 

Keine.