Betreff
Pläne der Landesregierung zum Schulnetz der berufsbildenden Schulen ab dem Schuljahr 2022/2023
Vorlage
KT/058/2021
Art
Beschlussvorlage Kreistag

Sachverhalt:

 

 

Schulnetzpläne werden gemäß § 41 Abs. 1 ThürSchulG  von den Schulträgern im Benehmen mit den betroffenen Gemeinden bzw. Landkreisen und kreisfreien Städten für ihr Gebiet in der Regel alle fünf Jahre aufgestellt und fortgeschrieben. In den Plänen werden der gegenwärtige und zukünftige Schulbedarf sowie die Schulstandorte ausgewiesen. Für den Schulstandort ist anzugeben, welche Bildungsangebote dort vorhanden sind und für welche Schulbezirke, Einzugsgebiete oder Einzugsbereiche sie gelten sollen. Gemäß Abs. 5 bedürfen die Schulnetzpläne sowie ihre Fortschreibung der Zustimmung des für das Schulwesen zuständigen Ministeriums.

 

Der Saale-Orla-Kreis und der Saale-Holzland-Kreis sind zur gemeinsamen Sicherstellung der Berufsschulstandorte im Jahre 2017 einen Schulverbund eingegangen. Dieser besteht aus den Standorten Hermsdorf, Schleiz und Pößneck. Hierdurch konnte die in der Richtlinie des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Schulnetzplanung (Standortplanung/Einzugsbereichsplanung) der staatlichen berufsbildenden Schulen vom 30. Juli 2012 geforderte Mindestschülerzahl von 1.000 Schülerinnen und Schülern (Punkt 4.2) erreicht werden. Seither arbeiten beide Schulträger auf Basis einer Kooperationsvereinbarung zusammen, um die Schulstandorte im ländlichen Raum zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die Schulteile Schleiz und Pößneck stimmen sich inhaltlich und organisatorisch mit der Schulleitung in Hermsdorf ab und nutzen so u.a. Synergieeffekte im Einsatz der Pädagogen.

 

Mit Schreiben vom 26. Juni 2020 hat das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) die Schulträger in Thüringen aufgefordert, den Entwurf des Schulnetzplanes der staatlichen berufsbildenden Schule ab dem Schuljahr 2022/2023 zu prüfen und eine Abstimmung mit den betreffenden Schulträgern herbeizuführen.

 

Der Fortschreibung des Schulnetzes sind nach Vorstellung des Ministeriums folgende allgemeine Erwägungen zugrunde zu legen (Zitat: Schreiben vom 26. Juni 2020):

 

 

-        „In Abhängigkeit von Schülerzahlen und den künftig zur Verfügung stehenden Lehrkräften – Sicherung einer möglichst wohn-/ausbildungsortnahen Beschulung; Ziel ist es, dass bei ausreichender Schülerzahl mindestens ein Schulstandort je Kammerbezirk Ostthüringen, Südthüringen und Erfurt (für Ausbildungsberufe der Industrie/des Handwerkes) festgelegt wird.

-        Schaffung von berufsfeldbezogenen Schwerpunktschulen, Ziel sind der Erhalt einer hohen Unterrichtsqualität und Unterrichtsabsicherung angesichts der künftig nur in geringerer Zahl zur Verfügung stehenden Lehrkräfte sowie der zielgerichtete/nachhaltige Einsatz von Investitionen in die sächlich-räumliche Ausstattung der SBBS.

-        Weiterhin schlägt das TMBJS vor, die Einzugsbereichsfestlegung aufzuheben, indem als Einzugsbereich „thüringenweit“ ausgewiesen wird. Dies soll neben dem Aspekt der Verringerung des Verwaltungsaufwandes (Reduzierung der Fallzahlen von Gastschulanträgen und Gastschulbeitragsforderungen) auch dazu führen, dass die Schulstandorte in einen „Qualitätswettbewerb“ im Unterricht und auch Ausstattungsbereich eintreten. Die Auszubildenden bzw. die Ausbildungsbetriebe können hierbei den Schulstandort im Rahmen der für Thüringen festgelegten Schulstandorte frei wählen.

-        Landesfachklassen sollen mindestens 15 Schüler umfassen; Abweichungen sind im Einzelfall in Abhängigkeit der jeweiligen Standortalternative (Erreichbarkeit/Zumutbarkeit) möglich.

-        Das Angebot der Wahlschulformen soll insbesondere im Bereich der berufsqualifizierenden Berufsfachschule, den zweijährigen Bildungsgang der Fachoberschule und Höheren Berufsfachschule bedarfsgerecht angepasst werden, vor allem bei Bildungsgängen, für die es adäquate Entsprechungen im Bereich der dualen Ausbildungsberufe gibt bzw. die über die Jahre hinweg nicht mehr nachgefragt werden. Dadurch sollen mehr Absolventen der allgemein bildenden Schulen für eine duale Ausbildung gewonnen werden. Zudem sollte das Angebot in der Fachoberschule konzentriert werden, da die Nachfrage – insbesondere in den Fachabteilungen Technik und Ernährung/Hauswirtschaft – deutlich gesunken ist.“

 

Für den Schulverbund sieht das Ministerium folgende Änderungen im Schulnetz vor.

 

1.      Verkäufer/Kaufmann im Einzelhandel

Im Sinne einer Berufsfeldbereinigung (vgl. Ansatz Schwerpunktschulen) wird die Verlagerung der Beschulung dieser Ausbildungsstandorte Gera oder Jena beantragt, um dort die Beschulung im Berufsfeld Wirtschaft/Verwaltung zu konzentrieren […].

 

2.      Industrieelektriker

Im Sinne einer Berufsfeldbereinigung (vgl. Ansatz Schwerpunktschulen) wird die Verlagerung der Beschulung dieses Ausbildungsberufes an die SBBS Technik Gera beantragt, um dort die Beschulung im Berufsfeld Elektrotechnik zu konzentrieren. Hieraus resultieren gute Voraussetzungen eines effizienteren Lehrkräfteeinsatzes, einer qualitativ hochwertigen Unterrichtsgestaltung sowie einer gezielten Personal- und Investitionsplanung. Diese Maßnahme wird trotz gesicherter Klassengrößen sowie der guten Lernortkooperation zwischen den Ausbildungsunternehmen und der Schule in Schleiz für erforderlich gehalten […].

 

Die vom Ministerium in Umsetzung seiner Vorstellungen beantragten Änderungen für die Fortschreibung des Berufsschulnetzplanes durch den Landkreis Saale-Orla / Saale-Holzland-Kreis hätte für den Schulverbund Hermsdorf – Schleiz – Pößneck erhebliche Konsequenzen. Mit dem Wegfall der o.g. Ausbildungsberufe wird die in der o.g. Richtlinie geforderte Mindestschülerzahl nicht mehr erreicht und damit der Fortbestand des Schulverbundes massiv gefährdet.

 

Aktuell werden im Schulverbund 1.233 Schüler unterrichtet, davon 746 in der dualen Ausbildung.

 

Übersicht Schüler des Berufsschulverbundes Hermsdorf - Schleiz - Pößneck

Schulnummer

Schulteil

Schüler Dual

Schüler Vollzeit (BFS, BVJ), Faktor 2,5

Gesamt

62568

Hermsdorf

309

295

604

Schleiz

171

90

261

Pößneck

266

102

368

1233

 

 

Bei der Umsetzung des Entwurfes des Schulnetzplanes für die staatlichen berufsbildenden Schulen ab dem Schuljahr 2022/2023 würde der Schulteil Schleiz durch den Wegfall der Industrieelektriker aktuell 58 Schüler zu Gunsten des Standortes Jena verlieren.  Durch den Wegfall der dualen Berufsausbildung des Industrieelektrikers ist der Landkreis nicht mehr in der Lage, der lokalen Wirtschaft diese wohnortnahe technische Ausbildung anzubieten. Der Schulteil Schleiz und damit der Fortbestand des Schulverbundes wäre akut gefährdet.

 

Nach Umsetzung der o. g. Maßnahmen verfügt der Schulverbund Hermsdorf – Schleiz - Pößneck über einzelne Ausbildungsberufe, die im Gesamtumfang die Aufrechterhaltung der Standorte nicht mehr rechtfertigen würde. Der Fortbestand der beruflichen Ausbildung mit einem ohnehin schon stark eingeschränkten Angebot an Ausbildungsberufen würde wiederholt den ländlichen Raum schwächen. Die Nähe von Wohnort, Ausbildungsstelle und Schule ist nicht mehr gegeben.

 

      


Beschlussvorschlag:

  

  1. Der Kreistag lehnt die Vorstellungen des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zu den Änderungen der Einzugsbereiche und der damit verbundenen Schaffung von Schwerpunktschulen ab. Der dahingehende Änderungsantrag des Ministeriums vom 26. Juni 2020 wird vollumfänglich zurückgewiesen.
  2. Der Kreistag fordert auf Basis der bestehenden Kooperationsvereinbarung mit dem Saale-Holzland-Kreis die Verwaltung auf, den Schulnetzplan mit der zugrundeliegenden Einzugsbereichsplanung für den Berufsschulverbund Hermsdorf-Schleiz-Pößneck ab dem Schuljahr 2022/23 ohne Änderung zum derzeitigen Schulnetzplan fortzuschreiben. Dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport ist dies anzuzeigen.
  3. Der Kreistag fordert das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport auf, künftig unterjährige Aktualisierungen des bereits genehmigten Schulnetzplanes für die staatlichen berufsbildenden Schulen und damit die fortschreitende Schwächung der Ausbildungsberufe im ländlichen zu unterlassen.
  4. Der Kreistag ermächtigt den Landrat, alle zum Vollzug der Beschlüsse (Punkte 1 bis 3) erforderlichen Gespräche/Abstimmungen mit dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport zu führen. Über den Stand der Verhandlungen ist regelmäßig der Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport zu informieren.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

 ja

 nein

Haushaltsjahr:     

 planmäßige Ausgaben

 überplanmäßige Ausgaben

 außerplanmäßige Ausgaben

  Einnahmen

Haushaltsstelle:      

Summe:      

Bezeichnung der Haushaltsstelle:      

Deckungsvorschläge:

 lfd. HH-Jahr

 HAR

Haushaltsstelle:

Summe: EUR

Bezeichnung der Haushaltsstelle:

     

     

     

     

     

     

     

     

     

 

Bemerkungen:

    


Personelle Auswirkungen:

 

keine