Sachverhalt:
Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist die Entwicklung, Wartung, Beschaffung, Bereitstellung, Betreuung und betriebliche Abwicklung technikunterstützter Informationsverarbeitung einschließlich der Einbringung aller damit im Zusammenhang stehenden Beratungs- und Schulungsleistungen sowie die Beratung und Unterstützung bei Digitalisierungsvorhaben innerhalb der Verwaltungen. Sie unterstützt insbesondere die Gesellschafter darin, ihre Verpflichtungen und Aufgaben aus dem Onlinezugangsgesetz des Bundes sowie dem Thüringer E-Government-Gesetz zu erfüllen.
Hierbei soll die Gesellschaft ihre Leistungen für die Gesellschafter zukünftig inhousefähig anbieten können, so dass die Gesellschafter gestützt auf den Ausnahmetatbestand des § 108 Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), in der Lage sein sollen, der Gesellschaft Aufträge zu erteilen, ohne hierfür ein Vergabeverfahren durchführen zu müssen.
Der Saale-Orla-Kreis unterstützt ausdrücklich diese fortgeschrittenen Bestrebungen des Landes Thüringen hinsichtlich der Entwicklung eines leistungsstarken kommunalen Thüringer IT-Dienstleister. Die Verwaltung des Landkreises ist bereits in 2019 dem kommunalen IT-Dienstleister des Landes Sachsen KISA beigetreten. Im Rahmen dieser Beteiligung konnten bereits umfangreiche Beschaffungen und Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, die ausschließlich positive Auswirkungen auf die Verwaltungstätigkeit genommen haben. Vor diesem Hintergrund und der zukünftigen Herausforderungen im Bereich der digitalen Verwaltung sehen wir die dringende Notwendigkeit der Unterstützung der Kommunen und Landkreise durch einen kompetenten IT-Infrastrukturpartner auch innerhalb Thüringens.
Öffnung der Kommunalen
Informationsverarbeitung Thüringen GmbH
Ausgangspunkt des kommunalen IT-Dienstleisters für Thüringen ist die Kommunale Informationsverarbeitung Thüringen GmbH. Mit dieser ist bereits ein Akteur vorhanden, der sich im Bereich der kommunalen Informationsverarbeitung seit vielen Jahren betätigt.
Gesellschafter der Kommunalen Informationsverarbeitung Thüringen GmbH waren bis zum 27. Mai 2020 der Gemeinde- und Städtebund Thüringen e. V. zu rund 49% sowie die ekom21 – Kommunales Gebietsrechenzentrum Hessen, ebenfalls zu rund 49%. Die verbleibenden 2% hielt die KIV GmbH bislang selbst. Seit dem 27. Mai 2020 halten der Gemeinde- und Städtebund Thüringen e. V. und die ekom21 – Kommunales Gebietsrechenzentrum Hessen jeweils 45,45% der Gesellschaftsanteile. Das Land hat 9,09% der Geschäftsanteile erworben. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.800 Euro.
Die KIV GmbH soll in ihrer jetzigen Rechtsform als Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestehen bleiben und für den Beitritt von einzelnen Gemeinden, Städten und Verwaltungsgemeinschaften als Gesellschafter durch den Erwerb von Gesellschaftsanteilen geöffnet werden. Weitere zentrale Zielstellung bei der Errichtung des kommunalen IT-Dienstleisters ist das Erreichen der Inhouse-Fähigkeit.
Das Land Thüringen ist bereits Gesellschafterin des kommunalen IT-Dienstleisters geworden. Durch diese Beteiligung des Landes am kommunalen IT-Dienstleister kann in dieser engen Kooperation die Digitalisierung in Thüringen vorangetrieben sowie die Zusammenarbeit mit dem Landesdienstleister TLRZ bestmöglich koordiniert und in sinnvoller Arbeitsteilung organisiert werden.
Aufgrund der Öffnung der Gesellschaft für die Kommunen und Landkreise sowie zur möglichen Erreichung der Inhouse-Fähigkeit wurde der bereits bestehende Gesellschaftsvertrag der KIV GmbH umfassend geändert, wie der Freistaat Thüringen und der Gemeinde- und Städtebund Thüringen mit Schreiben vom 10. Juni 2020 mitgeteilt haben. Der Gesellschaftsvertrag ist als Anlage 1 beigefügt. Durch die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 85,27 Euro erwirbt der Landkreis einen Geschäftsanteil im Nominalwert von 1 Euro. Ein darüber hinaus gehender Erwerb von Geschäftsanteilen ist nicht möglich. Eine Nachschusspflicht und damit eine Verpflichtung zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe sind ausgeschlossen. Hinzu kommen einmalig Notarkosten für den Erwerb des Anteils in Höhe von ca. 200 Euro.
Darüber hinaus wurde, insbesondere zur Herstellung der Inhouse-Fähigkeit des kommunalen IT-Dienstleisters eine sog. Gesellschaftervereinbarung (Anlage 2) erstellt. Dabei handelt es sich um schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Parteien. Darin werden nähere Einzelheiten geregelt, bspw. Stimmbindungen und Besetzungen von Geschäftsführung und Aufsichtsräten.
Die GmbH als Kapitalgesellschaft empfiehlt sich im Vergleich der Rechtsformen des privaten Rechts insbesondere hinsichtlich der Einflussmöglichkeiten und Haftungsbeschränkungen der Kommunen, der Flexibilität in der Gestaltung und Finanzierung sowie der Erfüllung der weiteren kommunalrechtlichen Vorgaben der unternehmerischen Betätigung nach § 71 ff. ThürKO.
Geschäftstätigkeit des kommunalen
IT-Dienstleisters
Folgende Dienste, Dienstleistungen und Fachanwendungen stellt der kommunale IT-Dienstleister zur Verfügung, welche die Gesellschafter in freier Entscheidung ganz oder teilweise nutzen können:
·
Strategieentwicklung
Beratung & Training (z.B. für die Einführung einer Digitalen Agenda)
·
Beratung,
Entwicklung sowie Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben und OZG
·
IT-Sicherheit
(z.B. Einführung eines ISMS)
·
Ausschreibung
und Beschaffungsmanagement (z.B. Software, Hardware, Dienstleistungen…)
·
Kommunale
Cloud Dienste (Rechenzentrum)
·
Software
als Service, Plattform als Service in der Kommunal-Cloud
·
Infrastruktur
als a Service z.B. Bereitstellung von Servern, Langzeitspeichert etc. mit
zentraler Administration und Datensicherung
·
Kommunaler
Austausch und Weiterbildung
·
Kommunal-Software
direkt vor Ort (Auswahl) – dezentrale Administration von ausgewählten IT-Infrastrukturen
·
Eigene
Softwareentwicklung (Schnittstellen, Fachverfahren)
·
Beratung
und Support von ausgewählten IT-Fachanwendungen
·
Technik
und Netze
·
Unterstützung
förderfähiger E-Government-Vorhaben und deren Umsetzung auf Basis vorhandener
oder einzuführender Softwarelösungen in der Gesellschaft (z.B. Kommunalgateway, E-Rechnung, IT-Sicherheit,
Workflowmanagement).
Mit Etablierung des kommunalen IT-Dienstleisters wird zudem eine Forderung des Thüringer Rechnungshofs - Bereich Kommunalprüfung, umgesetzt. Dieser hatte gefordert, dass ein gemeinsamer zentraler IT-Dienstleister in Thüringen etabliert wird, welcher die Kommunalen IT-Aufgaben landeseinheitlich mit gleichen Maßstäben erfüllt.
Vorteile durch die
Gesellschafterstellung beim kommunalen IT-Dienstleister
Zusammenfassend ergeben sich durch die Gesellschafterstellung des Saale-Orla-Kreises bei der Kommunalen Informationsverarbeitung Thüringen GmbH nachstehende Vorteile:
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Entlastung
von Ressourcen für die Erarbeitung von umfassenden Leistungsbeschreibungen,
insbesondere dann, wenn die Durchführung von europaweiten Ausschreibungen
entbehrlich ist
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Zeitgewinn
durch wegfallende Leistungsverzeichnis-Erarbeitungen und Vergabeverfahren
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Zeitgewinn
wird sich positiv auf die Umsetzung der E-Government-Maßnahmen auswirken
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Fördermittelfähige
Vorhaben lassen sich zielgerichtet und zügig umsetzen
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Ausreichung
von E-Government Fördermitteln wird erleichtert
-
aufgrund
möglicher Inhousevergabe ist die Beschaffung von IT-Produkten und
Dienstleistungen aus dem Portfolio der KIV für Beteiligte ausschreibungsfrei
und zügig möglich
-
Realisierung
der nach den gesetzlichen Regelungen geforderten elektronischen
Verwaltungsleistungen wird erleichtert
-
Verbesserung
der Wirtschaftlichkeit des IT-Betriebs und des IT-Service
Weitere Schritte
Der notariell zu beurkundende Anteilskaufvertrag zum Erwerb des Geschäftsanteils bedarf der rechtsaufsichtlichen Prüfung und Genehmigung des Thüringer Landesverwaltungsamtes gemäß § 73 Abs. 1 Satz 4 ThürKO.
Da das Projekt eines kommunalen IT-Dienstleisters einschließlich des Entwurfs des Gesellschaftsvertrags und des Entwurfs der Gesellschaftervereinbarung zwischen dem TFM und dem TMIK abgestimmt ist, ist davon auszugehen, dass aus rechtsaufsichtlicher Sicht keine grundsätzlichen Einwände gegen eine Beteiligung des Landkreises an der KIV bestehen.
Beschlussvorschlag:
- Der Kreistag beschließt, dass sich der Saale-Orla-Kreis an dem
kommunalen IT-Dienstleister in Thüringen – Kommunale
Informationsverarbeitung Thüringen GmbH (KIV) – durch den Erwerb eines
Anteils im Nominalwert von 1 Euro zum Kaufpreis von 85,27 Euro als
Gesellschafter beteiligt.
- Der Kreistag beauftragt und ermächtigt
den Landrat, allen notwendigen Beschlüssen, Verträgen und Rechtshandlungen
zur Beteiligung des Saale-Orla-Kreises an dem Thüringer Kommunalen
IT-Dienstleister – Kommunale Informationsverarbeitung Thüringen GmbH (KIV)
– zuzustimmen. Der Landrat wird in diesem Zusammenhang ebenfalls
beauftragt und ermächtigt, alle im Rahmen des Anteilserwerbs und der
Beteiligung erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.
Dies gilt auch für die Einholung von rechtsaufsichtlichen Genehmigungen
sowie die notarielle Beurkundung des Anteilserwerbs und Erklärungen im
Zusammenhang mit der Beteiligung.
- Der Kreistag ermächtigt den Landrat,
dem Gesellschaftsvertrag der KIV (Anlage
1) sowie der Gesellschaftervereinbarung der KIV (Anlage 2) einschließlich ggf. notwendiger redaktioneller
Änderungen aufgrund von behördlichen oder gerichtlichen Anordnungen
zuzustimmen.
Personelle Auswirkungen:
keine