Betreff
Optionserklärung des Saale-Orla-Kreises nach § 27 Abs. 22 UStG
Vorlage
KT/067/2016
Art
Beschlussvorlage Kreistag

Sachverhalt:

 

 

Bis zum Ablauf des 31.12.2015 galten gemäß § 2 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) grundsätzlich nicht als Unternehmer, ausgenommen waren wirtschaftliche Tätigkeiten im Rahmen eines sogenannten „Betriebes gewerblicher Art (BgA)“ im Sinne des Körperschaftssteuergesetzes. Nur deren Tätigkeiten unterfielen der Umsatzsteuerpflicht, im SOK bspw. der Verkauf  von Andenken/Souvenirs durch die Heinrichshütte oder Schloß Burgk.

 

Demgegenüber wurde auf europäischer Ebene vordergründig der Gedanke des Wettbewerbs in die Entscheidung über eine mögliche Umsatzsteuerpflicht einbezogen. Hieraus folgend urteilte u. a. der Bundesfinanzhof (BFH) im November 2011, dass die entgeltliche Nutzungsüberlassung einer gemeindlichen Sporthalle an eine andere Gemeinde der Umsatzsteuer unterliege und sah die Unternehmereigenschaft der Gemeinde als gegeben an. Weitere Urteile verfolgten dieselbe Zielrichtung.

 

Nach intensiver politischer Diskussion wurde § 2 Abs. 3 UStG zum Ablauf des 31.12.2015 aufgehoben und ein neuer § 2b in das UStG aufgenommen. Die neuen Regeln greifen unionsrechtliche Vorgaben - namentlich Art. 13 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - und teilweise auch die Rechtsprechung des BFH auf. Gemäß § 2b UStG ist eine jPöR bei privatrechtlicher Tätigkeit nun grundsätzlich immer umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer, es sei denn, es greifen die in § 2b UStG genannten Ausnahmen. Danach sind nur Tätigkeiten ausgenommen, die

 

1. der jPöR im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt obliegen und

2. deren Nichtbesteuerung nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen.

 

Beide Ausnahmevoraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Die neuen Regelungen gelten ab dem 1.1.2017. Das bisherige Recht kann aber gemäß § 27 Abs. 22 UStG bis zum 31.12.2020 angewendet werden. Hierzu muss dem Finanzamt einmalig eine entsprechende Erklärung bis zum 31.12.2016 abgegeben werden. Vor dem 31.12.2020 kann diese Erklärung mit Wirkung zu Beginn eines neuen Kalenderjahres widerrufen werden. Wendet die jPdöR das neue Recht an, ist eine Rückkehr zum alten Rechtsstand nicht mehr möglich.

 

§ 2b UStG ist an vielen Stellen auslegungsbedürftig. Unklar ist auch, ob die Neuregelungen seitens der EU überprüft und ggf. als nicht EU-rechtskonform angesehen werden.

 

Für den Saale-Orla-Kreis haben die neuen Regelungen nach vorläufiger Einschätzung folgende Konsequenzen:

 

a)      Sämtliche privatrechtlichen Einnahmen sind umsatzsteuerbar. Sofern keine Steuerbefreiungstatbestände vorliegen, unterliegen sie der Umsatzsteuer. Zu den privatrechtlichen Einnahmen zählen u. a. alle Mieten, Pachten und Entgelte.

 

 

 

 

 

b)      Im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit (z.B. in Zweckverbänden) kann Umsatzsteuerpflicht entstehen. In diesem Zusammenhang existieren viele offene Fragen, die wohl erst durch eine sich entwickelnde Rechtsprechung beantwortet werden. U.a. ist ungeklärt:

 

  • Was sind langfristige öffentlich-rechtliche Vereinbarungen?
  • Wie weit ist die Voraussetzung „einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe“ auszulegen?
  • Wie berechnet sich die Kostenerstattung?
  • Wie ist die Wesentlichkeitsgrenze zu definieren?

 

Nach vorläufiger Einschätzung müsste von einer deutlichen Mehrbelastung des Kreishaushalts durch die Neuregelung ausgegangen werden. Der Saale-Orla-Kreis sollte daher die Erklärung auf Beibehaltung des alten Rechtsstandes rechtzeitig vor dem 31.12.2016 gegenüber dem Finanzamt abgeben.


Beschlussvorschlag:

 

„Der Kreistag des Saale-Orla-Kreises beauftragt den Landrat, vor dem 31. Dezember 2016 folgende Erklärung abzugeben:

 

‚Hiermit erklärt der Saale-Orla-Kreis, dass er – vorbehaltlich eines etwaigen späteren Widerrufs – für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 01. Januar 2021 ausgeführten Leistungen weiterhin § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung anwendet.‘

 

Die Erklärung ist an das Finanzamt Pößneck zu richten.“


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

 ja

 nein

Haushaltsjahr:     

 planmäßige Ausgaben

 überplanmäßige Ausgaben

 außerplanmäßige Ausgaben

  Einnahmen

Haushaltsstelle:      

Summe:      

Bezeichnung der Haushaltsstelle:      

Deckungsvorschläge:

 lfd. HH-Jahr

 HAR

Haushaltsstelle:

Summe: EUR

Bezeichnung der Haushaltsstelle:

     

     

     

     

     

     

     

     

     

 

Bemerkungen:

Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, sind noch viele Fragen zur neu geschaffenen Regelung offen. Sollte sich im Lauf der Zeit herausstellen, dass die Anwendung des § 2b UStG für den Landkreis günstiger als die Beibehaltung des jetzigen Zustandes ist, kann die abgegebene Erklärung mit Wirkung zum Beginn eines Kalenderjahres widerrufen werden.


Personelle Auswirkungen:

 

Keine.